22
Jan 22

Kommentierte Zeitscheiben

In den letzten Wochen habe ich etwas Zeit mit Büchern verbracht, die schon etwas länger darauf warteten, von mir gelesen zu werden. Bei Dreien handelte es sich um in der näheren Vergangenheit (2017-2019) erschienene Sachbücher.

Jung genug, als dass sie noch nicht komplett veraltet gewesen wären – Teile davon durchaus „zeitlos“, sofern die Wissenschaft keine neuen, anderslautenden Erkenntnisse gewinnt – und doch hat sich die Welt seitdem weitergedreht.

Und so habe ich mich bei der Lektüre mehrfach dabei erwischt, mir zu wünschen, dass Autor:innen eines bestimmten Genres so etwas wie „Reaktion-Videos“ (oder in welchem Format auch immer) zu den jeweiligen Büchern machen würden. Mit Fragestellungen wie z.B.:

  • Wie hat sich die Welt verändert und wie ändert sich dadurch die Perspektive und etwaige Einschätzungen?
  • Welches Wissen hat die Welt dazugewonnen oder verwerfen müssen?
  • Wie hat die persönliche Weiterentwicklung, neue Erfahrungen die Wahrnehmung auf das Thema verändert?

Insbesondere bei Themen, die zu einem bestimmten Zeitpunkt gehypte wurden – wie z.B. Transhumanismus – hätte dies einen bestimmten Reiz. Die Sau wurde durchs Dorf getrieben – aber was ist eigentlich Jahre danach aus ihr geworden? Wie hat sich der Hype-Cycle entwickelt?

Und gerade nachdem sich unsere Welt so gravierend geändert hat und weitere ändern wird.

Am nächsten kommt da vermutlich Austausch auf Social Media Plattformen dran. Wenn es nicht im Rauschen untergeht.

Stelle mir jetzt einfach die Lieblingssachbuchautorin vor, wie sie in einem Twitch-Stream oder bei Tiktok ihre vorletzte Publikation auseinandernimmt. Könnte man auch ein Podcast-Format daraus machen.

Gibt es bestimmt schon irgendwo, irgendwas.


26
Dez 20

Mahjong vernetzt gespielt

Sieh mal einer an, was ich beim Entrümpeln der Festplatte in alten Windows Live Writer Entwürfen 1 gefunden habe. Einen fast fertigen Artikel über Mahjong. Da ich im Jahr 2018 nicht ernsthaft Flash-Spiele 2 empfehlen sollte, nehme ich den alten Artikel als Inspiration um über dieses gesellige 4-Personen-Spiel zu berichten 3.

4 Personen? Ja. Ich beziehe mich hier nicht auf das in der westlichen Welt wahrscheinlich als erstes mit dem Begriff assoziierte Spiel Mahjong Solitaire, bei dem ein:e Einzelspieler:in einen Stapel der Majhong-Spielsteine pärchenweise abbaut, sondern auf eben jene aus China stammende 4-Personen-Variante, welche in Regelvarianten in Asien weit verbreitet ist.

Kennen gelernt haben wir das das Spiel über einen Freund, der bei den Spieleabenden sein Mahjong-Koffer immer dabei hatte, wenn die passende Anzahl an Spieler:innen bereit stand. Irgendwann, auch durch den Anime Saki (z.B. via Crunchyroll) und jenes Flash-Spiel, konnte ich an einem Spielgekoffer im Bonner Puppenkönig nicht mehr vorbeigehen und so zog ein Steineset bei uns ein.

Als irgendwann ein Android-Gerät den Gerätepark ergänzte, sollte auch dort das Spiel nicht fehlen. Hängen geblieben bin ich bei Mahjong VirtualTenho-G! Nutzbar auch ohne Japanisch-Kenntnisse 4 und nützliche Hilfen für jeden, der gemütlich spielen möchte, ohne sich viele Gedanken um das Punkte-Zählen zu machen.

***

Jahre später. Flash ist tot, den Puppenkönig gibt es leider nicht mehr und Spieleabende sind im Moment auch nicht en vogue, zumindest nicht an einem gemeinsamen Tisch. Auf das gemeinsame Spiel muss man selbstverständlich nicht verzichten. Dank Computergegnern, die fehlende Mitspieler:innen ersetzen, auch dann, wenn weniger als vier Personen zusammenkommen.

Je nach Geräteverfügbarkeit spielen wir Mahjong Nagomi (Steam,~3-4 €) oder Riichi Mahjong (Android, iOS). Letzteres ist (noch?) kostenlos und bietet neben der üblichen Textanleitung auch Tutorial-Spiele, die Neulingen die (Grund)Regeln näher bringen.

Bei beiden Spielen 5 kann man gemeinsam und vor allem auch „privat“ mit Freund:innen spielen, d.h. die Spielräume sind nur jenen Personen bekannt, denen Ihr die Informationen weitergebt.

Abb.1Riichi Mahjong: Der Rundenwind wird rechts oben angezeigt (East 1), der Platzwind steht in der Mitte vor dem:r Spieler:in. Über das Menü hat man Zugriff auf die Einstellungen und kann unter How-To den Wert von Steinkombinationen (Yakus) nachschlagen.

Bei beiden Spielen kann man auswählen, ob auf den Mahjongsteinen westliche Zahlen angezeigt werden – wobei diese Einstellung bei Mahjong Nagomi nur in den Haupteinstellungen verfügbar ist. Bei Riichi Mahjong muss für den Platzwind allerdings ein Zeichenvergleich erfolgen, da diese nicht übersetzt werden (siehe Abb.1) 6.

Abb.2Mahjong Nagomi: Informationen zu Runden- und Platzwind, der verfügbaren Steine und Punktzahlen finden sich in der Infobox in der Mitte. Dora werden grafisch hervorgehoben. Auch hier finden sich im Menü Einstellungsmöglichkeiten und die Anleitung zum Nachschlagen der Yakus.

Mahjong Nagomi liefert diese Informationen in einem Informationspanel, dem man auch die noch verbleibende Teilezahl entnehmen kann (siehe Abb.2). Riichi Mahjong zeigt die Mauer bildlich an (siehe Abb.1).

Bei beiden Spielen kann man die verwendeten Regeln einstellen. Wer sich beim Mehrspielermodus nicht durch rigorose Timer stressen lassen möchte, kann diesen bei Mahjong Nagomi deaktivieren. Bei der anderen App ist uns dies bisher noch nicht gelungen, hier mussten wir recht umständlich die Wartezeit erhöhen.

***

Aus den Bookmarks

Und weil es gerade zum Thema passt: Zufällig bin ich kürzlich über den Riichi Mahjong Club Rinshan Kaihou Cologne gestolpert, die auf ihrer Webseite neben wertvollen Informationen zur Etikette rund um Mahjong auch eine umfassende englischsprachige Anleitung bereitstellen.

In meinen alten Bookmarks habe ich noch die deutschsprachige Anleitung zu Mahjongg auf Gravon.de gefunden. Wenn ich es richtig sehe, kann man dort auch online spielen. Das Lesezeichen stammt von 2014 und nach der Speicherung habe ich diese Seite kein zweites Mal betreten. Es finden sich jedoch noch aktuelle Einträge auf der Webseite, die Spiele scheinen Java-basiert zu sein.

Außerdem ausgegraben: Mah-Jong for Linux, Unix, MacOS and Windows – eine Netzwerkversion? Auch hier die letzten Updates in diesem Jahr und weitere Resourcen (The Mah-Jongg FAQs, MahJongsets.co.uk) zum Thema verlinkt. Und eine weitere deutsche Anleitung auf der Mahjongg-Homepage von Ralph Sontag.

Update 2022-06-01: Nachdem er mich auf die neue Adresse dess Rinshan Kaihou Cologne Riichi Mahjong Clubs aufmerksam gemacht hat, habe ich einen kleinen Schlenker über 0xReki’s Misadventures Blog. Dort finden sich der ein oder andere nützliche Mahjong-Artikel.

  1. Wieder zum Leben erweckt dank Open Live Writer– denn es heute 2020 nicht mehr gibt[]
  2. Wobei Mahjong in Flash von GameDesign nach wie vor existiert und funktioniert – was durchaus bemerkenswert ist![]
  3. Und heute, nur 2 Jahre später, wird dieser auch endlich fertiggestellt[]
  4. vor ein paar Updates ging bei mir die englische Sprache im Hauptmenü verloren. Zum Spiel geht es beim Klick auf den oberen Button. Hinter dem zweiten Button verstecken sich Anleitungen und die Einstellungen[]
  5. gerade gesehen, auch VirtualTenho-G! bietet eine Netzwerkoption, aber diese habe ich bisher noch nicht getestet[]
  6. Aufgrund der unterschiedlichen Schriftarten kann dies für westliche Augen beim ersten Mal eine kleine Herausforderung darstellen[]

23
Jun 20

Warum Schreiben?

… wenn ich nichts zu Schreiben habe?

„Posts don’t need to be long-form, deep, meaningful, or even that well written. If there are spelling and grammar mistakes, or even if there’s no real point to the post, so what? What’s important is that you’re writing about the things you want to write about.

Kev Quirk https://100daystooffload.com/

Kritisch war ich vom ersten Beitrag an, aber offensichtlich war mir da der eigentliche Grund, warum diese Challenge für mich nicht sinnvoll ist, noch nicht so klar: Wenn ich das Bedürfnis habe, etwas zu schreiben, dann schreibe ich es. Und wenn das Bedürfnis nicht da ist, ist es für mich nicht sinnvoll es trotzdem zu erzwingen.

Meine Phasen des großen Mitteilungsbedürfnisses an „die Welt“ scheinen vorbei zu sein. Ich schätze den privaten Austausch, optimalerweise Angesicht zu Angesicht oder eben aktuell über Telefon, Videocalls oder auch in inspirierenden E-Mail-Dialogen 1.

Sicherlich, es gibt viele Vorteile, wenn eine Diskussion öffentlich und (mehr oder weniger) sichtbar geführt wird. Aber, wie viele von denen sind auch wirklich unnötig, beschämend oder noch schlimmer? Da erspare ich uns doch lieber ein paar ^_~.

Und ansonsten, wenn doch mal etwas in den Fingern kitzelt, oder ich Dinge für später und zufällig hier Vorbeisurfende festhalten möchte, dann warten mein Blog hier geduldig auf mich.

Damit endet die #100DaysToOffload Challenge für mich. 3 / 100 !

  1. über privat ließe sich hier jetzt vermutlich vorzüglich streiten[]

20
Jun 20

Ein kleiner Beitrag

Die „Zerstörung der Presse“ des Künstlers 1 Rezo hat mir aus der Seele gesprochen. Die Schlagzeilen und das Gebahren mancher reichweitenstarker, anerkannter Medien macht mich regelmäßig wütend und wenn ich daran denke, wie viele Menschen diese Medien konsumieren, möchte ich heulen.

Sprache ist mächtig, Bilder sind mächtig – wenn beides für den maximalen Gewinn eingesetzt wird, führt dies viel zu häufig zu menschenverachtendem Müll 2 . Das wird nicht nur von manchen Medien und Meinungsmacher:innen oder Verschwörungserzähler:innen zelibriert sondern natürlich auch von Terroristen.

Wie gehe ich als kleine Rezipientin damit um, die sich ohnmächtig ob dieses Systems fühlt?

  • Unterstütze Medien: Finanzielle Sicherheit reduziert die Abhängigkeit davon, reißerische, gefällige Stücke zu schreiben. Abonnement, Mitgliedsbeitrag, Patreon & Co oder eine Spende als Dauerauftrag. Jeder noch so kleine Beitrag hilft!
  • Bewusster Medienkonsum: Auch ironische Aufmerksamkeit – „Ich lese das nur, um mich zu amüsieren!“ – ist Aufmerksamkeit. Es gibt Klicks, Geld und bestätigt die Macher:innen damit in ihrem Vorgehen. Wenn ich diese Medien nicht unterstützen möchte, bekommen sie von mir keine Aufmerksamkeit. Wähle die Medienquellen bedacht und hinterfrage, was der Medienkonsum mit dir macht und ob es das ist, was du möchest 3.
  • Bewusster Umgang mit Medienprodukten: Nicht einfach einen Artikel teilen oder kommentieren, weil die Überschrift und der Teaser in den sozialen Medien triggert, empört oder anderweitig die Gefühl kitzelt. An dieser Stelle eine Leseempfehlung für die großartigen Artikel von Samira El Ouassil : Not sharing is also caring (Übermedien, 02.06.2020) und Friedemann Karig : Terrorbilder im Netz: Teile und herrsche (Kratureporter, 10.02.2015).
  • Slow-Media: Das Gehirn sehnt sich nach den neuesten Informationen 4. Zu viel – und vllt. sogar falsche Information – muss man einordnen und aushalten können. Daher drücke ab und an mal auf Pause, warte auf die etwas späteren und besser recherchierten Artikel.

Letztendlich läuft es auf das Thema Medien- und Informationskompetenz hinaus. Da die Medienlandschaft sich ständig weiterentwickelt, die Gier nach Aufmerksamkeit immer extremere Ausprägungen hervorzubringen scheint, muss ich auch meinen Umgang mit den Medien immer wieder hinterfragen um die Kompetenzen weiterzuentwickeln.

Und jetzt muss ich mal wieder an Idiocracy denken…

2/100 ?

  1. siehe zwei sehr interessante Interviews von Rezo durch Markus Beckedahl[]
  2. Eine Leseempfehlung an dieser Stelle für Tobias Rose-Stockwell: So machen Medien mit deiner Angst und deiner Wut Profit (Krautreporter, 27.11.2017).[]
  3. Macht es das Leben wirklich besser, ständig in einer Empörungsschleife zu hängen? Damit meine ich nicht, dass man sich nie kritisch mit Dingen auseinandersetzen sollte… das andere Extrem möchte ich ebenfalls nicht[]
  4. Leseempfehlung: Adam Gazzaley, Larry D. Rosen : Das überforderte Gehirn. Mit Steinzeitwerkzeug in der Hightech-Welt. Redline Verlag, 2017. 978-3-86881-673-0[]

16
Jun 20

Schreiben um des Schreibens Willen

Gestern las ich in Doug Belshaws Blog über die Existenz der #100DaysToOffload Challenge: Innerhalb des nächsten Jahres 100 Einträge in einem eigenen Blog schreiben. Die Idee dahinter: „Einfach Schreiben“, ohne weitere Bedingungen oder Ansprüche – außer, dass es an einem eigenen Ort publiziert werden muss, nicht etwa in einem Firmenblog.

Eine der Ideen dahinter ist es, gemeinsam mit anderen Motivation für das Niederschreiben von Gedanken oder Dingen zu finden, sich gegenseitig zu unterstützen und auch ein bisschen zu klappern. Gemeinschaft kann helfen und inspirieren. Verfertigen der Gedanken beim Schreiben war und ist für mich immer eine wichtige Sache gewesen.

Während ich es auf der einen Seite gut und wichtig finde, überspitzt eine kritische Stimme in meinem Kopf: Noch mehr Inhalt, den niemand liest. Muss es dann veröffentlicht werden? Das gebrannte Kind schreit: Bloß nicht! All die potentiellen Gefahren, denen man sich aussetzt, wenn man versehentlich menschlich ist und für einen Moment nicht bedacht und wohlgewählte Worte findet. Der Impostor mokiert, dass dadurch die eigene Inkompetenz für alle sichtbar präsentiert wird.

„Einfach Schreiben“ ist leichter gesagt als getan. Es braucht Übung. Und Übung macht gemeinsam mehr Spaß, können wir uns doch unterstützen und gegenseitig anfeuern.

1/100 ?